j o a c h i m _r ö m e r l u n a p a r k 2 1 _t i s c h e
                              a n g e w a n d t
startseite treibgut montagen draussen drinnen angewandt resonanzen kontakt/vita
der tisch, metapher für häuslichkeit und gemeinschaft, aber auch plattform, auf und an der wir unsere themen präsentieren*

lunapark21

lp21 tische

plakat

flyer

karten

fotomontage

buch

schaubild

 

* michael beitz,
us-amerikanischer künstler,
der u.a. seltsam ge- und
verformte tische baut





eine rose ist eine rose ist eine rose. und ein tisch eben ein tisch. in der ersten ausgabe von lunapark21 kombinierten wir auf der letzten heftseite die strichzeichnung eines kopfüber schräg fallenden tisches, aus dessen schublade papierblätter fallen, mit folgendem zitat aus "das kapital" von karl marx: sobald der tisch als ware auftritt, steht er „allen anderen waren gegenüber auf dem kopf und entwickelt aus seinem holzkopf grillen, viel wunderlicher, als wenn er aus freien stücken zu tanzen begänne". seitdem ziert die letzte umschlagseite jedes heftes ein tisch, dem ein zitat zur seite gestellt wird. alle drei monate irgendwas mit tisch aus den unendlichen virtuellen weiten des www oder den realen begrenztheiten der alltage zu fischen, bleibt eine ziemliche herausforderung. der tisch soll solange am ende des heftes stehen, bis mir nichts mehr einfällt. es gibt abonnent_innen, die nach erhalt des neues heftes selbiges als erstes umdrehen, um nach dem tisch zu sehen. kreativität – das ersinnen des neuen – trifft auf das immergleiche – den tisch. oder: "schön, wie das zufällige zusammentreffen einer nähmaschine und eines regenschirms auf einem seziertisch" (lautréamont). nehmen sie platz am tanzenden tisch im lunapark. unter den bildern steht der dem jeweiligen tisch in lunapark21 zugeordnete text. wenn sie dem roten faden nach unten folgen, finden sie einen "aus freien stücken tanzenden tisch, den ich auf grundlage der digitalen fotomontage als skulptur nachgebaut habe.

feetisch
"danach wäre eine kaffeekanne fixes kapital, aber der kaffee zirkulierendes. der grobe materialismus der ökonomen, die gesellschaftlichen produktionsverhältnisse der menschen und die bestimmungen, die die sachen erhalten, als unter diese verhältnisse subsumiert, als natürliche eigenschaften der dinge zu betrachten, ist ein ebenso grober idealismus, ja fetischismus, der den dingen gesellschaftliche beziehungen als ihnen immanente bestimmungen zuschreibt und sie so mystifiziert."
karl marx

ein schlichter tisch
"jemanden über den tisch ziehen –
umgangssprachlich– jmdn. übervorteilen." duden

dieser tisch kam auf die lunapark21-rückseite, nachdem heiner geißler in sachen stuttgart21 seinen schlichterspruch gesprochen hatte.

opfertisch
"es (das kapital) war „der fremde gott“, der sich neben die alten götzen europas auf den altar stellte… es proklamierte die plusmacherei als letzten und einzigen zweck der menschheit. das system des öffentlichen kredits, d.h. der staatsschulden… nahm besitz von ganz europa… die staatsschuld, d.h. die veräußerung des staats... drückt der kapitalistischen ära ihren stempel auf. (…) daher ganz konsequent die moderne doktrin, dass ein volk um so reicher wird, je tiefer es sich verschuldet. der öffentliche kredit wird zum credo des kapitals. und mit dem entstehen der staatsverschuldung tritt an die stelle der sünde gegen den heiligen geist, für die keine verzeihung ist, der treubruch an der staatsschuld."
karl marx, das kapital, l. bd., s. 782

           

schreibtisch
montageanleitung für einen ikea-schreibtisch(alle zeichnungen einer aufbauanleitung übereinander gelegt)

esstisch adorno*
"es gibt kein richtiges leben im falschen."
theodor w. adorno, minima moralia


* der esstisch adorno kann im internet bestellt oder in einschlägigen möbelhäusern gekauft werden. in der eigenwerbung heißt es u.a.: „der esstisch in hellem lack sorgt in der küche oder im esszimmer im handumdrehen für einen wohnlichen und romantischen landhaus-look… die attraktive landhaus-kollektion heißt nicht ohne grund adorno, denn das wort bedeutet im spanischen verzierung und dekor… durch den hellen farbton versprühen sie zugleich sommerlichen charme und passen gut in das romantisch inspirierte cottage-interieur. den trendigen shabby chic erhält adorno schließlich durch das abschleifen einiger kanten, die dann mit brauner farbe überlackiert werden.“

leuchttisch
"glücklich, der den tisch als holz sehen kann, den tisch als holz fühlen kann – der das holz des tisches sieht, ohne dabei den tisch zu sehen, und sei es nur für einen moment im leben. danach wird er wissen, was ein tisch ist, aber er wird sein ganzes leben lang nicht vergessen, daß er holz ist. und er wird dann den tisch, den tisch als tisch, noch mehr lieben."
fernando pessoa

           

superkallifragilistisch-
expialigetisch

songtitel aus dem musical mary poppins

die slogans der deutschen bank:
1960 wünsche werden wirklichkeit
1977 auf bald also!
1980 wir machen mehr aus ihrem geld
1981 sprechen sie mit uns. denn unser service ist es wert.
1985 fragen sie die deutsche bank
1990 reden wir darüber
1995 vertrauen ist der anfang von allem
1997 die bank für europa.1998 auch im internet eine erste adresse
2000 leading to results
seit 2003 leistung aus leidenschaft passion to perform

faustisch
faustisch = schaulustig, vorwitzig, begierig, erwartungsvoll, gespannt, von neugier erfüllt, indiskret, sensationslüstern
indem der kapitalist geld in waren verwandelt, die als stoffbildner eines neuen produkts oder als faktoren des arbeitsprozesses dienen, indem er ihrer toten gegenständlichkeit lebendige arbeitskraft einverleibt, verwandelt er wert, vergangene, vergegenständlichte, tote arbeit in kapital, sich selbst verwertenden wert, ein beseeltes ungeheuer, das zu „arbeiten“ beginnt,„als hätt' es lieb' im leibe“*.
karl marx, das kapital, bd. 1


* “...als hätt' es lieb' im leibe“ = abgewandeltes zitat aus goethe, faust. der tragödie erster teil.

reinen tisch macht mit dem bedränger!
zeile aus: die internationale
musik (1888): pierre degeyter
französischer originaltext (1871): eugène pottier
deutsche version (1910): emil luckhardt

           

cozy shadow table*
"der handel hat den schatten vom körper getrennt und die möglichkeit eingeführt, sie getrennt zu besitzen.
sismondi"** zitiert nach: marx-engels werke bd. 42, seite 146


* „cozy shadow table“ist eine outdoor-tisch-serie des kalifornischen möbelherstellers caluco. · cozy = behaglich, gemütlich, lauschig
** jean-charles-léonard simonde de sismondi (1773 bis 1842) war ein schweizer ökonom und historiker. marx zitiert ihn mehrfach im „kapital“.

tischdecke
"ein tisch ohne kapitaldecke, ist wie eine bank ohne tischtuch
wandparole, gesehen in gießen-heuchelheim"*


*es handelt sich um den virtuellen gießener stadtteil heuchelheim,den ich bei meinen fahrradtouren mehrfach durchfuhr und in dem ich mal vor ganz langer zeit eine liebschaft hatte – "legal, illegal, ikearegal" (das war eine reale wanparole u.a. im berlin der 80er jahre des 20.jahrhunderts

kein tisch
kein zitat

           

dialektisch
"der prozess erlischt im produkt. ... was auf seiten des arbeiters in der form der unruhe erschien, erscheint nun als ruhende eigenschaft, in der form des seins, auf seiten des produkts."
k. marx, kapital I, mew 23, 195

tischchen
"die erklärung der bisweilen grausigen zustände, die in viel zu vielen dieser alten- und pflegeheime herrschen, gelingt nur einem solchen zynismus, der das fesseln an bett und stuhl, fixierung genannt, als bestrafung der alten dafür betrachtet, dass sie so lange leben. aus dieser zynischen sicht wird das windeln der alten menschen, auch wenn sie noch selbst zur toilette gehen könnten, zu einem akt der generalprävention; das hungern- und durstenlassen wird zu einem akt der spezialprävention; und das foto von der alten frau, die nackt auf einem toilettenstuhl sitzt, das essen vor sich auf dem hochgeklappten tischchen, wird zu einem werbeplakat für die sterbehilfe. solche organisierte entwürdigung der alten ist nicht die regel, aber auch nicht die ausnahme. das ist die schöne neue welt."
aus: wie die „schöne neue welt“ die gesundheitsindustrie erschaffen hat von heribert prantl, mitglied der chefredaktion der süddeutschen zeitung, zitiert nach www.staatsschauspiel-dresden.de (zum theaterstück „huxleys herzkatheter“)

stammtisch
"der, einrichtungsgegenstand der befindlichkeit der mitte der geselllschaft [früher: trink- und schwadronierort vorwiegend für männliche bürgerliche honoratioren]
es gibt eigentlich keine gruppe, die nicht anfällig ist. wenn man die neuen studien betrachtet, kommt das aus der mitte der gesellschaft heraus. deshalb ist es auch so wichtig, dass sich jeder einzelne dagegen einsetzt. wenn keiner widerspricht, okkupieren die stammtischparolen den öffentlichen raum."
klaus-peter hufer, professor für erziehungswissenschaften an der universität duisburg-essen und autor des buchs „argumentationstraining gegen stammtischparolen“ in einem interview mit der faz vom 6.7.2016

           

der tisch ist so alltäglich, dadurch fast unsichtbar und doch allgegenwärtig, dass ich ihm hier einfach mal viel platz einräumen musste. ich sitze an tischen, esse daran, arbeite darauf und halte es für unmöglich, dass menschen in spiritistischen sitzungen einen solchen mit der kraft ihrer geballten geisteskraft schweben lassen können. für meine künstlerische entwicklung war die regelmässige beschäftigung mit ihm produktiv. ich lernte u. a., nicht mehr "von oben herab", "als künstler" auf die niederungen meines angewandten broterwerbs als grafiker herabzublicken. im zeitalter der klicks und klacks, der steigenden flut von digitalen bilder- und "informations"überschwemmungen, ein werthaltiges, kritisches, aufklärerisches print-produkt zu gestalten – lunapark21 –, hat mein kunstschaffen nachhaltig beeinflusst. und umgekehrt. eine wichtige erfahrung auf diesem weg war der nachbau einiger tische. angewandt? frei künstelrisch? unten marx' tanzender tisch, der mit den grillen im nicht vorhandenen holzkopf: pferdetisch, links die digitale lunapark21-montage, basierend auf einem foto einer porzellan-reiterfigur aus dem 19. jahrhundert, und rechts die reale tisch-skulptur aus styrodor, acrylspachtel und -farbe.

                                                           
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